Allgemein

von Sebastian Zoepp

Zu Gast „Im Grünen“

Lausitzer Perspektiven beim Sommerempfang der Grünen Landtagsfraktion in Weißwasser

Am 9. und 10. August 2017 traf sich die sächsische Landtagsfraktion der Grünen in Weißwasser in den Telux-Sälen zu ihrer Sommerklausur. Ganz oben auf der Tagesordnung stand der Strukturwandel in der Lausitz. Mit dabei auch Sebastian Zoepp als Stellvertreter der Lausitzer Perspektiven, der am Abend des 9. August den Verein und seine Vorstellungen zur Gestaltung des Strukturwandels vorstellte.

Passender hätte der Veranstaltungsort für die Grüne Sommerklausur der säschischen Landtagsfraktion kaum sein können. Das Telux-Gelände in Weißwasser zeigt, dass das Lausitz ihre wirtschaftlichen Hochzeiten der Industrie verdankt. Und dass es diese Blütezeit nicht nur der Kohleverstromung, sondern auch der Glasindustrie verdankt. Betritt man das Telux-Gelände sieht man sofort, dass hier mit viel Engagement Teile des ehemaligen Industriegeländes saniert und einer neuen Nutzung zugeführt werden.

Im Telux-Saal angekommen treffe ich auf eine gut gelaunte Runde, in der neben Landtagsabgeordneten auch andere wichtige Akteure des Strukturwandels aus der Lausitz vertreten sind. Mit dabei beispielsweise Frau Zettwitz, Wirtschaftsdezernentin des Landkreises Görlitz aber auch die Oberbürgermeister von Weißwasser und Zittau, Thorsten Pötzsch und Thomas Zenker.

Von der Abgeordneten Franziska Schubert werde ich herzlich in Empfang genommen und wenige Minuten später eröffnet sie zunächst das Buffet. Nach gut einer halben Stunde ist es dann soweit und ich habe das Wort. Mit wenigen Sätzen umreiße ich kurz die Entstehungsgeschichte des Vereins und komme dann zur wesentlichen Frage meines Beitrags:

„Warum sollte die Zivilgesellschaft in die Gestaltung des Strukturwandels eingebunden werden?“

Mit folgenden drei Kernaussagen beantworte ich dem Publikum diese Frage:

  1. Die Gestaltung der Zukunft in der Lausitz baut auf gemeinsamen Interessen auf. Hier in der Lausitz ist aber nicht jeder grünes Parteimitglied, ist nicht jeder Unternehmer, ist nicht jeder Kohlekumpel. Aber wir sind alle Bürgerinnen und Bürger und haben als solche gemeinsame Interessen, die uns unabhängig von unserer beruflichen Identität verbinden. Nur wenn die Zivilgesellschaft in den Strukturwandel eingebunden wird können diese gemeinsamen Interessen angemessen berücksichtigt werden.
  2. Der Strukturwandel in der Lausitz wird nur dann erfolgreich sein, wenn er von möglichst breiten Teilen der Bevölkerung mitgetragen wird. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern in dessen Ausgestaltung ist daher unabdingbar und verleiht dem Prozess die notwendige gesellschaftliche und politische Legitimation.
  3. Die Einbindung der Zivilgesellschaft ermöglicht gerade in peripheren Räumen Lösungen, die in Politik und Wirtschaft blinde Flecken darstellen. Gerade im sozialen und kulturellen Bereich gibt es schon jetzt in vielen Teilen der Lausitz erhebliche Defizite. Durch die Förderung von bürgerschaftlichem Engagement und sozialer Innovation können auch im Rahmen des Strukturwandels Lösungen gefunden werden, die wirtschaftlich nicht tragfähig oder politisch nicht ohne weiteres durchsetzbar wären.

Inzwischen hat auch der Letzte seine Gabel auf dem Teller abgelegt und hört gespannt zu, als ich erkläre, was Lausitzer Perspektiven tun will, um die Zivilgesellschaft in den Strukturwandel einzubinden. Dazu mache ich folgende Ausführungen:

  1. Um möglichst breite Bevölkerungsschichten in die Diskussion um den Strukturwandel in der Lausitz einbinden zu können leistet Lausitzer Perspektiven „Übersetzungsarbeit“. Daher vermeiden wir die eher sperrigen Begriffe wie „Strukturwandel“ und „Leitbildprozess“ und stellen daher lieber die Frage nach dem guten Leben in der Lausitz in der Zukunft.
  2. Lausitzer Perspektiven stärkt die Rolle der Zivilgesellschaft im gesamten Transformationsprozess. Dazu bringt der Verein verschiedene Akteure der Zivilgesellschaft zusammen, bündelt deren Interessen und vertritt diese gegenüber Vertretern aus Politik und Wirtschaft. So werden Interessen aus der Zivilgesellschaft gehört und können vor allem in politischen Prozessen berücksichtigt werden.
  3. Lausitzer Perspektiven baut neue Bündnisse auf und bringt eigene Impulse in die Debatte um den Strukturwandel ein. Dazu vernetzt sich der Verein mit anderen Akteuren des Strukturwandels innerhalb der Lausitz aber auch in anderen Kohlerevieren Deutschlands. Mit eigenen Veranstaltungen, wie den Lausitzer Kamingesprächen, sorgt der Verein zudem dafür, dass Erfahrungen mit ähnlichen Prozessen aus anderen Teilen Deutschlands in der Lausitz berücksichtigt werden können.

Nach gut 20 Minuten übernimmt Thorsten Pötzsch und untersetzt meine Ausführungen mit vielen praktischen Beispielen aus der Kommunalpolitik in Weißwasser. Er bekräftigt die Notwendigkeit, die Zivilgesellschaft einzubinden und hierfür passende Formate zu entwickeln. So berichtet er von der Initiative „Perspektiven für Weißwasser“, die sich mit viel Engagement für mehr Lebensqualität in der Stadt einsetzt.

Im Anschluss an den Vortrag von Thorsten Pötzsch und mir entspinnt sich noch eine interessante Diskussion, bei der es unter anderem um die Frage geht, wie mehr junge Lehrer nach Bautzen geholt werden können. Auch hier verweist Thorsten Pötzsch auf das Stärken zivilgesellschaftlicher Strukturen, die einen wesentlichen Beitrag zu mehr Lebensqualität auch für junge Leute leisten können.

Für mich endet der Abend in einer kleinen Runde, in der mir Thomas Zenker, der Oberbürgermeister von Zittau, seine Skepsis in Bezug auf den geplanten Leitbildprozess für die Lausitz offenbart. Ein Leitbild für die ganze Lausitz – dass kann er sich nicht vorstellen! Ich mir auch nicht – und so erkläre ich ihm, dass in so einem Prozess sicherlich die Lausitz in ihren verschiedenen Teilräumen zu berücksichtigen ist.

Danach beißen wir uns noch ein wenig an seiner Frage fest, wie denn überhaupt ein Leitbildprozess für die Lausitz aussehen kann, bei dem auch wirklich jeder mitgenommen wird. Auch diese Frage haben wir bei Lausitzer Perspektiven schon mehrfach diskutiert und antworte in etwa wie folgt: Der Leitbildprozess braucht unterschiedliche Beteiligungsformate! So muss es einerseits Formate geben, in denen sich Entscheidungsträger auf der Metaebene Gedanken um die Zukunft der Lausitz oder Teilen von ihr machen können. Aber es muss eben auch solche Formate geben, über die sich der einzelne Bürger mit seinem ganz konkreten Zukunftsproblem vor Ort einbringen kann.

Und bevor wir uns beide voneinander verabschieden gebe ich ihm noch mit auf den Weg, dass es für mich mehr um den Prozess, als um das konkrete Ergebnis geht! Denn wenn die Menschen in der Lausitz anfangen, sich erstmals intensiv mit ihrer Zukunft in der Region auseinanderzusetzen und darüber ins Gespräch kommen, ist schon viel erreicht!

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