3. Lausitzer Kamingespräch – Von Ibbenbühren lernen
Uwe Manteuffel, Geschäftsführer der Schnittstelle Kohlekonversion, und seine Stellvertreterin Monika Umlauf waren zu Gast in Großräschen. Ibbenbühren hat den Ausstieg noch vor sich, bereitet sich aber seit Jahren darauf vor. Mit dem Auslaufen der Subventionierung des deutschen Steinkohlebergbaus 2018 geht die über 200 Jahre alte Bergbautradition zu Ende. Damit hat Ibbenbühren sein Ausstiegsdatum und „findet das zwischenzeitlich auch gut!“
Zunächst konnten die Gäste sich mit unserem Mitglied Karsten Feucht auf eine Tour der IBA See begeben. Danach gaben sie Einblick in die Arbeit der Schnittstelle Kohlekonversion, die in Ibbenbühren bezeichnend „Gute Aussichten“ heißt. Die Stelle wird sowohl ideel als auch finanziell von allen betroffenen Gemeinden gemeinsam getragen. Dafür haben diese sich zu einem Verbund zusammen geschlossen. Ein „Letter of Intent“ besiegelte die gemeinsamen guten Absichten und ist bis heute die einzige Formalie des Zusammenschlusses.
Gemeinsames Handeln ist auch gerade dann gefragt, wenn es um die Interessensvertretung gegenüber dem Land NRW und der RAG geht. Sich nicht „teilen und erobern“ lassen ist den Beteiligten ein wichtiges Anliegen – bisher kamen alle Entscheidungen in einem kooperativ getragenen Prozess zustande. Schlüsselpersonen sind gut vernetze Bürgermeister und Bürgermeisterinnen, die sich frühzeitig auf den Weg gemacht haben, diesen Zusammenschluss zu etablieren.
Begonnen hat „Gute Aussichten“ die Arbeit mit einer Potentialanalyse. Hier spielten Regionalökonomen eine entscheidende Rolle, denn sie gaben den Hinweis, sich auf die Stärken des Mittelstandes und der eher kleinteilig organisierten Wirtschaftsstruktur einzustellen. So konzentrieren sich die Aktivitäten auf diese bestehenden Strukturen. Es wurden deshalb nicht vordringlich neue, erst noch zu bildende „Cluster“ entwickelt. Die vorhandenen Gewerbegebiete werden jetzt auch gemeinsam beworben und kooperativ vermarktet. Dieses Vorgehen bringt Vorteile für alle und trägt zum weiteren Zusammenwachsen bei. So entstehen im zweiten Schritt auf den ehemaligen Kohleflächen zum Teil neue Gewerbegebiete kombiniert mit Wohngelegenheiten: getreu dem Motto „die Zukunft der Arbeit ist nicht (mehr) schmutzig“ – Menschen möchten auf kurzem Wege Leben, Arbeiten und Wohnen verbinden.
Eine zweite wichtige Säule waren frühzeitig entwickelte (und gezeichnete) Bilder der wünschenwerten Zukunft. Herr Manteuffel betonte, dass sie diese Bilder und Planungen bewusst „unfertig“ lassen. Niemand „kenne die Zukunft ganz genau“ und deshalb bleibt Raum, um andere Bilder und Beteiligte zuzulassen. In Werkstätten und Online Beteiligungsverfahren können Bürgerinnen und Bürger neben den Fachleuten ihre Vorstellungen einbringen. Diese nicht zu Ende geplanten Zukunftsbilder für die alten Schachtanlagen und Bergehalden laden dazu ein, in offenen kreativen Beteiligungsprozessen weiterentwickelt zu werden.
Auch die Traditionspflege ist den Akteuren wichtig. Eine jahrhundertelang gewachsene Struktur hat die Kultur, das Miteinander, in der Region geprägt. Die Konversionstelle entwickelt hier gemeinsam mit Traditionsvereinen Ideen, wie sich diese Kultur ins nächste Jahrtausend übertragen lässt. Auch wenn der Abschied trotzdem schwer fällt. Deshalb wird es 2018 ein großes Fest – schicht:ende – geben, um den Bruch zu feiern und den Schmerz zu verarbeiten. Tradition verleiht Kraft, wenn sie sich im Neuen widerspiegeln kann – und darf.
Wen Sie mehr wissen wollen, geht es hier zur Webseite von Gute Aussichten.