Allgemein

von Lausitzer Perspektiven e.V.

Vorschläge für den Zukunftsdialog

Ein bürgerschaftlicher, gleichberechtigter, gutnachbarschaftlicher Zukunftsdialog in der Lausitz: Sechs Vorschläge, um gute Grundprinzipien praktisch umzusetzen. Hintergrund: Wo steht der Zukunftsdialog heute?

Lausitzer Perspektiven tritt dafür ein, im Rahmen eines Zukunftsdialogs eine gemeinschaftliche Vorstellung vom guten Leben in der Lausitz zu entwickeln. Dieser Vorschlag wurde inzwischen auch politisch aufgegriffen; die Wirtschaftsregion Lausitz GmbH hat bereits erste Schritte zu seiner Umsetzung unternommen.

Daher ist es jetzt dringend geboten, sich der Frage zu stellen, welchen Leitgedanken und Grundprinzipien ein solcher Zukunftsdialog folgen soll. Denn nur wenn viele unterschiedliche Akteure diese Grundprinzipien anerkennen und unterstützen, wird der Zukunftsdialog breite Anerkennung finden – und nur dann wird er der Lausitz den Impuls geben können, den die Region braucht.

Wie stellt sich Lausitzer Perspektiven einen Zukunftsdialog vor?

Vor dem Hintergrund der oben geschilderten Dynamik hat Lausitzer Perspektiven eigene Vorschläge veröffentlicht, an welchen Grundprinzipien sich der Zukunftsdialog orientieren soll. Diese Vorschläge haben wir am 11. April 2018 unter dem Titel „Das gute Leben in der Lausitz – Eine Position aus der Zivilgesellschaft zum anstehenden Leitbildprozess in der Lausitz“ veröffentlicht. Außerdem haben wir unseren Vorschlag zur Ausgestaltung des Zukunftsdialogs in einer Veranstaltung am 16. Juni in Weißwasser mit Vertretern verschiedener gesellschaftlicher Gruppen und Nicht-Regierungsorganisationen diskutiert.

Unsere Vorschläge stießen auf große Zustimmung. Deutlich wurde aber auch, dass sie der Konkretisierung bedürfen und dass wir klar benennen müssen, wie generelle Forderungen nach einer breiten Einbindung der Zivilgesellschaft operativ und praktisch umgesetzt werden kann.

Was schlägt Lausitzer Perspektiven operativ vor?

Der Zukunftsdialog soll bürgernah und partizipativ, ergebnisoffen und nachhaltigkeitsorientiert, generationenübergreifend und im Geiste guter Nachbarschaft zwischen allen Menschen in der Lausitz und den Nachbarregionen in Polen und Tschechien stattfinden – hierfür machen wir nunmehr die folgenden [sechs] Vorschläge, um dies praktisch umzusetzen:

1. Nachhaltigkeit als Grundlage. Ein zukunftsorientierter Leitbildprozess ist zum Scheitern verurteilt, wenn er mittel- und langfristige Nachhaltigkeitsziele zugunsten kurzfristiger ökonomischer Effekte bevorzugt, wenn er die klimapolitische Notwendigkeit des Strukturwandels in der Lausitz und die größeren Zusammenhänge und Auswirkungen auf andere Länder und Kontinente nicht mitdenkt und sich über lokale und regionale Auswirkungen nicht ehrlich macht. Zur konkreten Umsetzung schlagen wir vor, dass das Pariser Klimaabkommen als verbindlicher Anker des Zukunftsdialogs gilt. Die Europäische Union und Deutschland haben dieses Abkommen ratifiziert, mit Zustimmung des Bundesrates, und damit auch von Brandenburg und Sachsen. Die Nachhaltigkeitsstrategien des Bundes und der Länder Brandenburg und Sachsen sind dabei mit einzubeziehen.

2. Mitbestimmung an allen Orten. Es geht um einen von möglichst vielen Akteur/innen getragenen Prozess für die gemeinsame Zukunft in der Lausitz. Deshalb müssen neben der Wirtschaft, den Sozialpartnern sowie Politik und Verwaltung auch Organisationen der Zivilgesellschaft und vor allem die Bürger/innen der Lausitz in allen Phasen des Leitbildprozesses gleichberechtigt mitwirken können. Zur konkreten Umsetzung schlagen wir vor, in der jeder Stadt in der Region mit mehr als 10.000 Einwohnern ein temporäres Regionalbüro einzurichten, das den Leitbildprozess lokal betreibt. Kleinere Gemeinden und Dörfer können über eine regelmäßige „Tour durch die Lausitz“ einbezogen werden. Den jeweiligen Ortsbeiräten, Stadt- und Gemeinderäten kommt dabei eine wichtige Multiplikatorenrolle zu. Alle Ergebnisse werden in Kommunalforen zusammengeführt, ergänzt und verdichtet. Die Ergebnisse fließen transparent in den Leitbildprozess ein.

3. Mitbestimmung auf Augenhöhe. Für Bürger/innen wie für zivilgesellschaftliche Organisationen ist eine gleichberechtigte Mitwirkung auf Augenhöhe administrativ und organisatorisch zu ermöglichen. Bürger/innen, die am Leitbildprozess aktiv mitwirken wollen, benötigen vergleichbare Bedingungen und Mitwirkungschancen wie hauptberufliche Akteure bei Kammern, Gewerkschaften oder Wirtschaftsverbänden. Zur konkreten Umsetzung schlagen wir einen Fonds vor, der es Bürger/innen ermöglicht, für die Mitwirkung am Zukunftsdialog einen Ausgleich für den Zeit- und Arbeitsaufwand sowie Fahrtkosten zu erhalten. Dieser Ausgleich sollte in Anlehnung an die Entschädigung von Schöffen erfolgen (wie im Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) geregelt).

4. Kinder, Jugendliche und alte Menschen reden mit. Der Leitbildprozess soll den künftigen Rahmenbedingungen für ein gutes Leben in der Lausitz gewidmet sein. Deshalb ist im Prozessdesign die Teilhabe von Menschen jeden Alters, aber insbesondere von Kindern, Jugendlichen und alten Menschen mit entsprechenden Beteiligungsmethoden einzuplanen. Zur konkreten Umsetzung schlagen wir vor, alle Veranstaltungen und Online-Beteiligungsformate mit Blick auf Menschen mit Behinderungen und Mobilitätseinschränkungen barrierefrei zu gestalten. Zur Einbindung von Kindern und Jugendlichen schlagen wir vor, dass pro Landkreis mindestens fünf Oberschulen und fünf Grundschulen (also insgesamt mindestens 60 Schulen) im Rahmen von Projekttagen moderierte Zukunftswerkstätten veranstalten; die Ergebnisse fließen anschließend in den übergreifenden Leitbildprozess ein.

5. In guter Nachbarschaft. Für ein qualitatives und tragfähiges Gelingen des Leitbildprozesses sind auch unterschiedliche Akteur/innen aus diesen Nachbarregionen zur Teilhabe am Leitbildprozess einzuladen und eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Sinne einer europäischen Perspektive weiter zu entwickeln. Zur konkreten Umsetzung schlagen wir – neben der ohnehin selbstverständlichen Beteiligung der Sorben und Wenden – vor, gewählte Vertreter der Kommunen und Regionen der polnischen und tschechischen Nachbarregionen zu dem Leitbildprozess einzuladen.

6. Sprache als Schlüssel zur Beteiligung. Als selbstverständlich gilt die Beteiligung der in der Lausitz lebenden nationalen Minderheit der Sorben und Wenden. Um eine wirklich gleichberechtigte Beteiligung sorbisch-wendischer wie auch polnischer und tschechischer Teilnehmer/innen zu ermöglichen, sollte der Leitbildprozess mindestens zweisprachig, wenn nicht sogar mehrsprachig erfolgen. Um die Anbindung an Europa und weltweit herzustellen, ist auch Englisch als Standard festzulegen. Zur konkreten Umsetzung schlagen wir vor, dass entsprechende Veranstaltungen und Beteiligungsformate (wie z.B. Online-Foren) mehrsprachig stattfinden und dass die Dokumentation wichtiger Ergebnisse des Leitbildprozesses in deutscher, polnischer, tschechischer, sorbischer, wendischer und englischer Sprache erfolgt.

zu unseren Beiträgen